In der Stadt Augsburg und in den umliegenden Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen fahren die Busse im Nahverkehr unter der Flagge des Augsburger Verkehrsverbundes (AVV). Auch private Busunternehmer erbringen hier Verkehrsleistungen. Einer von ihnen ist Xaver Hörmann. Weil viele Verträge des AVV mit Busunternehmen in diesem Jahr auslaufen, gibt es europaweite Ausschreibungen. Der AVV will diese europaweiten Ausschreibungen, begründet das mit Kosten und Qualität und will selbst mehr Einfluss auf die Gestaltung des ÖPNV.
Xaver Hörmann ist Kreisrat der „Unabhängigen"
Busunternehmer Xaver Hörmann will diese Ausschreibungen nicht. Die Argumentation mit Kosten und Qualität sei fadenscheinig, auf spekulativen Zahlen beruhend. „Ausschreibungen haben auch für die öffentliche Hand eine Menge Nachteile und schaden dem Mittelstand“, so Xaver Hörmann. In Hessen ist nach ähnlich extensiven Ausschreibungen fast die Hälfte der Mittelständler zu Gunsten von Konzernen vom Markt verschwunden. Hörmann nennt daher, wo immer er kann, diese Politik mittelstandsfeindlich. Er sitzt als Kreisrat der „Unabhängigen“ im Aichacher Kreisparlament und fordert, eine im PBefG und in der europäischen Verordnung Nr. 1370/07 verankerte „Allgemeine Vorschrift“ zu erlassen, die auch Wettbewerb voraussetzt, dabei aber Gestaltungsspielräume belässt, das heimische Gewerbe nicht gegenüber multinationalen Konzernen abzuhängen. Die Behörden der Stadt Augsburg schert diese „ Allgemeine Vorschrift“ derweil einen feuchten Kehricht, auch wenn Staatssekretär Ferlemann aus dem Bundesministerium erklärt hat, er sehe die „Allgemeine Vorschrift“ vorrangig vor Ausschreibungen. Doch die Praxis ist eine andere: Der ÖPNV sei nun einmal Ländersache – Punkt.
Im Juni bekam die DB Regio Bus (Staatskonzern!) nach einer seit Februar laufenden Ausschreibung sieben Linien zugesprochen (450.000 km im Jahr). Bis dahin hatte Hörmann seit Jahrzehnten diese Linien bedient. Wie es hieß, soll sein Angebot nur knapp darüber gelegen haben. 11 von 16 Linienbussen des Unternehmens Hörmann sind damit stillgelegt, 80 Prozent seiner Verkehrsleistung im ÖPNV. Die Entscheidungen über die Vergabe trifft der Verkehrsverbund, für den Hörmann seit dessen Gründung fährt. Das Verfahren findet im Wesentlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Ziehung der Lottozahlen ist transparenter – ein Notar ist dabei. Hörmann geht seit zwei Jahren politisch und juristisch gegen die europaweiten Ausschreibungen von Buslinien vor, geißelt die Phrase der Politik vom Schutz des Mittelstandes als Mittelstandslüge. Bei der Vergabekammer Südbayern hatte er mit seiner Klage gegen sogenannte Übergangsvereinbarungen des AVV für Private Erfolg.
Die Subunternehmerquote bei Ausschreibungen
Mit seinen Anwälten kämpft er jetzt gegen die sogenannte Subunternehmerquote. Sie schreibt im AVV vor, dass der Bieter 70 Prozent der Verkehrsleistungen selbst erbringen muss, 30 Prozent darf er als Hauptauftragnehmer an andere Busunternehmen vergeben.
Was ihn daran stört, sagte er so: „Darf die Handlungsfreiheit von Mittelständlern in den ohnehin knallharten europaweiten Ausschreibungen nun auch noch derart eingeschränkt werden, dass der Bieter sich keine Kollegen mehr zu Hilfe holen kann?“ Er selbst beantwortet diese Frage mit Nein. Dieses Thema wird nun auch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg beschäftigen, denn die national zuständige Vergabekammer in München sah sich außer Stande, den durch schwierige europarechtliche Fragen geprägten Fall alleine zu entscheiden. Das Verfahren hinsichtlich der von Hörmann geforderten „Allgemeinen Vorschrift“ ist derweil in erster Instanz vor dem VG Augsburg verloren: Allerdings sieht auch der dortige Präsident schwierigste Rechtsfragen, die ein Fall für das Bundesverwaltungsgericht oder sogar das Bundesverfassungsgericht seien.
Notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht
Der Präsident hat jetzt den direkten Weg zum Verwaltungsgerichtshof des Freistaates eröffnet, damit die negative Entscheidung dort nochmals überprüft werden kann.
Xaver Hörmann wird diesen Weg gehen. Er ist auch bereit, bis vor das Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig zu gehen und in letzter Instanz das Bundesverfassungsgericht anzurufen.
Er will den Kampf für die „Allgemeine Vorschrift“ zu Ende führen und ist entschlossen: „Ich kann es mir leisten. Ich bin finanziell nicht abhängig vom ÖPNV. Er macht 10 bis 15 Prozent unseres Umsatzes aus. Das schmerzt, aber erschüttert unser Unternehmen nicht.“