Ich sprach in den vergangenen Wochen und Monaten mit zahlreichen Busunternehmern, die ihre Enttäuschung über die Arbeit der Branchenverbände zum Ausdruck brachten und ihnen Versagen vorwarfen. Der allgemeine Tenor lautet: „Wir haben keine Lobby.“ Den Verbänden sei es nicht gelungen, den hohen Stellenwert der Busbranche für die Wirtschaft und die Gesellschaft in die Politik zu tragen und nach außen zu transportieren. Es herrscht die Meinung vor, dass sich Verbandsvertreter gerne und oft im Glanz der Politiker sonnen.

Dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) wird vorgeworfen, seit Jahren  Strategien zu verfolgen, welche die Belange der kleinen Busunternehmen vernachlässigen, gar ignorieren. Mitunter wird dem Verband sogar Kalkül unterstellt. Durch gezielte Entscheidungen, die hinter den Kulissen getroffen werden, würde der Verband die Marktbereinigung, die ja ohnehin schon im Gang war, vorantreiben – und die Krise diene als Beschleuniger.

Was ist damit gemeint? Am 17. Juni traf sich die Reisebusbranche zum zweiten Aktionstag zur Rettung der Reisebusunternehmen in Berlin. Rund 1.000 Reisebusse legten an jenem Tag den Verkehr in der Hauptstadt lahm. Das war ein gelungener Protest. Alle in der Branche zogen an einem Strang – sollte man meinen. Es gab dann doch ein paar Dinge, die aneckten und wieder einmal zur Spaltung der Branche führten. So wurde mir von Busunternehmern berichtet, dass ihnen vor Beginn des Aktionstages in Berlin ein späterer Zeitpunkt für den Pressetermin mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) genannt und dieser Termin dann am Tag der Veranstaltung kurzfristig vorverlegt worden sei. Der neue Termin sei nicht rechtzeitig kommuniziert worden. Folglich waren kaum Busunternehmer anwesend, als Andi Scheuer der Reisebusbranche 170 Mio. Euro staatliche Hilfe zusagte und über Trachtenvereine schwadronierte. Diese 170 Mio. Euro, die zur Vergütung der Vorhaltekosten angedacht sind, sollen in den geplanten Nachtragshaushalt eingestellt werden. Nachdem der Bundestag über den Haushalt abgestimmt hat, könnten laut Scheuer die Busbetriebe im Juli auf das Geld zugreifen. Bei Redaktionsschluss (08. Juli) sendeten weder Berlin noch der BDO diesbezüglich erste Rauchzeichen. Der BDO verbuchte die Scheuer-Zusage als seinen individuellen Erfolg und machte dies auch publik. Das kam in der Branche gar nicht gut an und stieß teilweise übel auf. Denn dieser Erfolg gebührt allen Mitwirkenden. Meinhold Hafermann, Hafermann Reisen, reagierte prompt auf den BDO-Vorstoß und forderte Christiane Leonard schriftlich auf, die BDO-Pressemitteilung zu korrigieren: „Ergänzen Sie bitte, dass der Erfolg von allen Verbänden und Busunternehmen gemeinsam erkämpft worden ist. Denken Sie immer daran, dass wir nur  gemeinsam stark sind und dabei viel mehr erreichen können“, schrieb Hafermann.

Nun komme ich zu der Antwort auf die Frage, „was ist damit gemeint?“ Es geht dabei um die  Verteilung dieser 170 Millionen Euro. Damit Betriebe in Not schnell und unbürokratisch auf das Geld zurückgreifen können, muss zunächst ein fairer Verteilungsschlüssel ausgearbeitet werden. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Es wird gemunkelt, dass der BDO anfangs eine Förderung nur für Euro 6-Busse vorgeschlagen haben soll. Doch es gab wohl heftigen Gegenwind. Jetzt heißt es, neben Euro 6- sollen auch Euro 5-Busse und eventuell Euro 4-Busse gefördert werden. Doch Konkretes dazu gibt es noch nicht. Das sind vorerst Mutmaßungen. Doch sollten nur Euro 6- und Euro 5-Flotten gefördert werden, dann ist es absehbar, dass die kleinen Reisebusbetriebe, die sich bisher keine Euro 6-Busse leisten konnten, wohl sehenden Auges in die Pleite manövriert werden.

„Bus-Kartell“ kommt vor Gericht

Über das mutmaßliche Bus-Kartell in der Region Augsburg hatte der Bus Blickpunkt bereits mehrmals berichtet. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse: Das Augsburger Landgericht hat die Anklage in diesem Verfahren zugelassen. Verantworten müssen sich Medienberichten zufolge acht Verantwortliche mehrerer privater Busfirmen ab Oktober diesen Jahres vor dem Augsburger Landgericht. Ihnen wird vorgeworfen, ein Kartell gebildet und bei Ausschreibungen illegale Absprachen getroffen zu haben, um lukrative Aufträge im Augsburger Verkehrsverbund und im Landkreis Dillingen zu ergattern. Dem „Bayerischen Rundfunk“ zufolge beziehen sich die Vorwürfe auf zwölf Ausschreibungen in der Zeit von April 2015 bis Januar 2017. Dabei handelt es sich wohl um Aufträge im Gesamtwert von mehr als 71 Millionen Euro. Das Strafgesetzbuch sieht für wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen für jede Tat eine Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die Hauptverhandlung gegen die acht Angeklagten beginnt am 06. Oktober. Insgesamt sind 19 Verhandlungstage bis in den März 2021 angesetzt.

Das Buskartell flog im Sommer 2016 auf. Nach Informationen der „StadtZeitung Augsburg“ habe sich das Ermittlungsverfahren ursprünglich gegen 25 Beschuldigte gerichtet. Demnach wurden bei sieben Beschuldigten die Verfahren bereits vor der ersten Anklage eingestellt, da ein Tatnachweis nicht geführt werden konnte. Bei weiteren Beschuldigten erfolgte eine Verfahrenseinstellung „wegen geringen Verschuldens gegen Zahlung von Geldauflagen oder ohne Auflagen“, berichtete 2019 die Staatsanwaltschaft. Weitere fünf Beschuldigte akzeptierten entsprechende Geldstrafen und wurden im Januar diesen Jahres von der Anklage ausgenommen. Der Bayerische Rundfunk berichtet, dass in einem Fall die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragt habe, gegen den Einspruch erhoben worden sei. Dieses Verfahren sei abgetrennt und liegt jetzt beim Augsburger Amtsgericht.