Sie ergänzen sich. Beispielsweise bieten sie mittlerweile Bus- und Gruppenreisen an, an die sie sich vorher nicht herangetraut hätten, weil ein Einzelner schlichtweg diese nicht stemmen könnte. Die Busunternehmer kennen sich zwar schon länger, durch die Corona-Krise sind sie aber näher zusammengerückt und haben erkannt, dass es „prinzipiell besser ist, mit den Nachbarn zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen, statt zu streiten“, erklärt mir Turgay Afan im Gespräch. „Denn nur zusammen sind wir stark“, betont Afan. Dies sei der Grundgedanke des Unternehmer-Quartetts, den sie weitergetragen haben.

Beseelt von diesem Gedanken und angetrieben von den Busdemos, beschlossen die vier Busunternehmer, eine Whatsapp-Gruppe ins Leben zu rufen, die ausschließlich Busunternehmern vorbehalten ist. Gesagt, getan. Das ist nun ein Jahr her. Die Gruppe nennt sich „Busunternehmen 2¾“. Über 70 Mitglieder hat die Whatsapp-Gruppe mittlerweile. Sie sind bundesweit vernetzt, tauschen sich über aktuelle Branchenthemen aus, diskutieren, teilen ihre Erfahrungen mit Leistungsträgern, sprechen Empfehlungen aus, geben sich Tipps. Und wenn mal ein Fahrzeug liegenbleibt, eilt einer, der sich in der Nähe aufhält oder seinen Firmensitz in der Nähe hat, zu Hilfe – beeindruckend schnell und unkompliziert, wie ich persönlich mitverfolgen durfte. „Genau das ist es, was wir wollen: unkomplizierte Unterstützung untereinander. Davon profitiert jeder einzelne individuell“, freut sich Turgay Afan. „Man kann sich viel Ärger ersparen, wenn man sich stärker verzahnt“, sagt der Afan Reisen-Chef, der im Google Maps eine benutzerdefinierte Karte erstellt hat, auf der jedes einzelne Busunternehmen mit seinem Standort abgebildet ist. Über die Whatsapp-Gruppe, die sukzessive wächst, kommen die Busunternehmer sehr schnell, über kurze Wege an Informationen und Unterstützung, die für ihr Alltagsgeschäft von großer Bedeutung sind.

Wunderpille für den Tank

Auf eine sehr skurrile Story bin ich Ende Juli auf der diesjährigen RDA-Expo gestoßen. Ein Schweizer Unternehmen namens Vizionary World Trade AG war mit einem höchst Aufmerksamkeit erregenden Produkt, die sogenannte „Green Pill“ – eine kleine grüne Pille, die man dem Kraftstoff zugibt – auf der Fachmesse präsent und versprach, bei der Nutzung dieser Pille u.a.: eine Kraftstoffsenkung von mindestens 10 bis 14 Prozent, bis zu 80 Prozent Reduktion der schädlichen Emissionen sowie Leistungssteigerung des Motors. Das Unternehmen warb in seinem Flyer vor allem auch mit Tüv- und Dekra-Zertifizierungen sowie einer Allianz-Produkthaftpflichtversicherung in Höhe von 10 Mio. US-Dollar pro Schadensfall. Ich wollte wissen, was es damit auf sich hat und hakte nach beim Tüv Süd, Tüv Nord, Tüv Thüringen und bei der Allianz.

Benny Hiltscher, Leiter Unternehmenskommunikation/Marketing beim Tüv Thüringen, fand auf Bus Blickpunkt-Anfrage hin heraus, dass weder für Vizionary World Trade noch für die „Green Pill“ eine Zertifizierung durchgeführt wurde. „Wir haben alles durchforstet und nichts gefunden“, sagte Hiltscher und fügte an: „Es ist uns ein Rätsel, wie sie dazu kommen, mit unserem Namen zu werben.“

Auch die intensiven Recherchen beim Tüv Nord haben ergeben, dass die Vizionary World Trade AG ihnen nicht bekannt ist, teilte mir Rainer Camen, Konzernkommunikation Tüv Nord Group, schriftlich mit. Wolfgang Sigloch, Dekra-Pressesprecher Automobil, nahm dazu wie folgt Stellung: „Dekra hat in dieser Angelegenheit seinerzeit untersucht, ob der Dieselkraftstoff nach der Zugabe einer Probe eines als ‚FP 4000‘ bezeichneten Additivs weiterhin normenkonform ist (DIN EN 14214 für Biodieselkraftstoff), und dies nach einem positiven Untersuchungsergebnis bestätigt. Es wurden jedoch keine Aussagen darüber getroffen, welche physikalischen Veränderungen bei der Verbrennung des Kraftstoffs auftreten, hinsichtlich z.B. Kraftstoffverbrauch oder Langlebigkeit des Motors. Dies war auch kein Bestandteil des seinerzeitigen Auftrages.“ Dieses Dekra-Zertifikat wurde übrigens schon im Jahr 2005 ausgestellt und seither nicht erneuert.
Was die Haftpflichtversicherung bei der Allianz angeht, so informierte mich Daniel Aschoff, Leiter Regionale Kommunikation für Zentral- und Osteuropa bei der Allianz, nach seiner umfassenden Recherche, dass der Green-Pill-Vertreiber ihm gegenüber erklärt habe, mit dem Flyer sei Vizionary ein Fehler unterlaufen und bei der Übernahme von Dokumenten des Produktionspartners im Fall der Produkthaftpflichtversicherung sei ein veraltetes Dokument übertragen worden. Die Versicherung laufe über eine andere Versicherungsgesellschaft und nicht über die Allianz.

Inzwischen hat Vizionary alle Zertifizierungen und die Allianz als Haftpflichtversicherer aus dem Flyer entfernt. Bernhard Wieser, COO Vizionary World Trade, besteht nach wie vor darauf: „Alles womit wir auf der Messe Werbung gemacht haben, entspricht vom grundsätzlichen Gesichtspunkt den Tatsachen.“ Man sei aktuell dabei, das Produkt zu rezertifizieren.