Sie beurteilen das Experiment auf Kosten des Steuerzahlers im dritten und letzten Monat seiner Laufzeit bis Ende August eher als Flop! Sogar von „alarmierenden Daten“ spricht Philipp Kosok, der Projektleiter Öffentlicher Verkehr des Interessensverbands Agora Verkehrswende. Erste Studien und Auswertungen hätten ergeben, dass das 9-Euro-Ticket zwar mehr Verkehr erzeuge, allerdings kaum Verkehr von der Straße verlagert würde. Damit stünde zu befürchten, dass der Versuch mit dem 9-Euro-Ticket keine Klimaschutzwirkung zu Folge hätte, sondern im Gegenteil sogar negative Auswirkungen auf das Klima haben könnte. Für die Busbranche hat das 9-Euro-Ticket neben seinen grundsätzlich zweifelhaften Effekten allerdings noch weitere, gravierende wirtschaftliche Probleme im Schlepptau. Der LBO sprach in einer Presseinformation zu diesem Thema sogar von einer steuerfinanzierten Kannibalisierung des Angebots privater Busunternehmern vor allem auch im Bereich Schülerreisen und Vereinsfahrten sowie bei Tagesausflügen.


Doch auch das Gute an diesem Experiment und der öffentlichen sowie politischen Auseinandersetzung mit dem Thema sollte die Branche sehen. Noch nie, zumindest soweit ich mich erinnern kann, gab es eine höhere Aufmerksamkeit auf den ÖPNV und seine Angebote. Viele haben in den letzten Wochen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in ihren Alltag integriert. Deutlich gezeigt hat sich zudem, dass ein einfaches oder zumindest ein vereinfachtes Ticketsystem sehr geschätzt wird und damit eine große Chance bietet, dass Menschen auch auf Dauer den ÖPNV stärker nutzen würden, selbst wenn der Preis deutlich höher läge. Die Höhe des Preises, so haben verschiedene Studien ermittelt, sei für den Erfolg der Verkehrswende nicht das wichtigste. Die Verbraucher seien bereit, deutlich höhere Tarife zu akzeptieren. Vielmehr müssten die Kapazitäten des Angebots generell erweitert werden, damit der ÖPNV für seine Nutzer attraktiv ist.


Das 9-Euro-Ticket hat binnen Kürze die Missstände des ÖPNV, nämlich ein nicht ausreichendes Angebot vor allem im ländlichen Raum sowie die generellen Schwächen der Bahn aufgezeigt. Ob also nun ein 29 Euro, 69 Euro oder 365 Euro Ticket auf den 9-Euro Schnäppchen-Tarif folgt, ist fast egal. Nur eines ist gewiss: Wenn die Politik jetzt die falschen Schlüsse zieht, die Erweiterung des ÖPNV-Angebots auch im ländlichen Raum nicht umgehend vorangetrieben wird und der Busmittelstand entsprechend wirtschaftlich unterstützt, macht bald der letzte private Unternehmer das Licht aus – auch ohne Energiekrise!
Die Beibehaltung und Fortsetzung des 9-Euro-Angebots und damit eines steuerlichen Finanzierungsvolumens in Höhe von ca. 13 Milliarden Euro pro Jahr ist nicht zielführend. Dieses Geld wird dringend zum Ausbau des Angebots benötigt.

 

Augsburger Buskartell-Prozess

 

Der Augsburger Buskartell-Prozess wird gegen eine Geldauflage eingestellt. Das hat das Landgericht Augsburg am 09. August, wie der Bayerische Rundfunk in seinem Newsletter berichtete, mitgeteilt. Es ging um ein Auftragsvolumen von über 70 Millionen Euro. Mutmaßlich habe ein Buskartell, Bus Blickpunkt hat mehrfach an dieser Stelle über das Thema und den Verlauf berichtet, jahrelang die Preise für Strecken abgestimmt und damit, laut Staatsanwaltschaft, einen fairen Wettbewerb verhindert. Während des langwierigen Verfahrens, das mehr als drei Jahre andauerte und bei dem Prozesstermine immer wieder wegen Krankheit verschoben wurden, waren Angeklagte bereits gegen Geldauflagen entlastet worden. Nun sollen die beiden verbliebenen Angeklagten, Geldauflagen in Höhe von 85.000 und 12.500 Euro zahlen und das Verfahren gegen sie dann vollständig eingestellt werden.