„Der akute Fahrermangel wächst sich, wenn er nicht auch politisch bekämpft wird, zu einem riesigen volkswirtschaftlichen Problem aus“, mahnte der Verkehrspolitiker und ehemalige Busunternehmer. „Unser Auftrag als Opposition ist, der Regierung Vorschläge zu liefern, wie wieder mehr Menschen den Fahrerberuf ergreifen!“ Der Bedarf an Fahrern ist bereits seit langem enorm und steigt weiter an, nicht zuletzt, weil jedes Jahr rund 15.000 Fahrer in den Ruhestand gehen und diese Zahl durch Nachwuchs nicht einmal annähernd aufgefangen wird.
Die bundesweite Expertenrunde „Runder Tisch Fahrpersonalmangel“ tagt seit nunmehr zwei Jahren und hat der Bundesregierung bereits Entwürfe für eine Reform der Berufskraftfahrerausbildung unterbreitet. Diese sieht unter anderem eine Ausweitung von digitalen Lehrangeboten und mehr Fremdsprachen für die Berufskraftfahrerprüfung vor. Rund 50 Praktiker und Praktiker aus den Bereichen Spedition, Logistik, Bustouristik, ÖPNV, Fahrschulen und andere Ausbildungsstätten aus dem gesamten Bundesgebiet gaben mittlerweile ihre Einschätzung zu den Reformplänen.
Teilnehmerstimmen
Hartmut Reinberg-Schüller, Fachbereichsleiter beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) findet dabei vor allem die Idee zu digitalem Unterricht in der Fahrerausbildung vielversprechend. Außerdem begrüßt er den Ersatznachweis für die Berufsqualifikation von Fahrern aus der Ukraine. Für Christiane Leonard, Geschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmen (bdo), steht die Frage im Raum, warum die Berufskraftfahrerqualifikation nicht in den Sprachen, in denen der Führerschein erworben werden kann, abgelegt werden könne. Ungerecht gegenüber anderen europäischen Ländern sei die immer noch zu hohe Anzahl der Pflichtstunden im Busführerschein. Ein Viertel der Lehrinhalte von Berufskraftfahrerqualifikation und Führerschein würden sich überschneiden, das werde mit den Vorschlägen der Bundesregierung aber nicht angegangen.
Jens Pawlowski, Leiter des Hauptstadtbüros des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) kritisierte ebenfalls, dass die Bundesregierung sich erst jetzt nach zwei Jahren Regierungszeit „bewege“. Seinem Verband fehlen Impulse, um bürokratische Hemmnisse bei Ausbildung- und Weiterbildung abzubauen. „Wieso können Lkw-Fahrer einen Sehtest nicht auch beim Optiker machen, sondern müssen weiterhin zum Augenarzt? Wieso müssen anerkannte Ausbildungsstätten jetzt erst noch zusätzlich eine Zustimmung der zuständigen Behörden erhalten, um digitalen Unterricht anbieten zu dürfen?“ Mit der geplanten Reform könnten ukrainische Fahrer zwar eine Ergänzungsqualifikation machen, aber bekommen nicht automatisch die ebenfalls für die Ausübung des Fahrerberufs notwendige Fahrerkarte.
Björn Plaas, Geschäftsführer der DEULA Westfalen-Lippe, berichtete anlässlich des vierten Rund-Tisch-Gesprächs aus der Praxis einer Ausbildungsstätte für Fahrerberufe. Für Plaas gibt es noch einige offene Fragen in der konkreten Umsetzung der formalen Anforderungen an den digitalen Unterricht, wobei er auf die grundsätzlich hohe Bürokratie hinwies. Der digitale Unterricht biete Chancen für eine Flexibilisierung und damit auch aus Sicht von Fahrern und Betrieben eine gute Ergänzung. Präsenzunterricht sei dennoch durch nichts zu ersetzen.
In der Runde waren sich alle Teilnehmer darüber einig, dass der Schutzstatus der Ukraine-Flüchtlinge über 2025 hinaus verlängert werden solle. Nachdem die EU den Mitgliedstaaten schon im Sommer 2022 erlaubt hatte, Ausnahmeregelungen für ukrainische Fahrer zu schaffen, hatte die Bundesregierung erst jetzt die nationale Umsetzung vorgelegt. Bis zu ihrem Auslaufdatum in 2025 könne die Regelung jedoch kaum Wirkung entfalten.
Fazit
„Die Oppositionsarbeit der letzten zwei Jahre hat sich gelohnt, endlich bewegt sich etwas bei der Ampelregierung“, freute sich Henning Rehbaum selbst als Fazit der Gesprächsrunde. Die vorliegenden Pläne der Bundesregierung reichten allerdings bei weitem nicht aus, weshalb sich die Beteiligten des „Runden Tisches Fahrpersonalmangel“ weiterhin für eine pragmatische Umsetzung der Hinweise der Praktiker einsetzen werde.