Die chinesische Firma Ehang stellte auf der CES die erste Taxi-Drohne vor
Stau? Fehlanzeige. Die chinesische Firma Ehang stellte
auf der CES die erste Taxi-Drohne vor

Es war nur eine kurze Geste, doch als VW-Chef Herbert Diess mit der Hand winkte und sich wie von Geisterhand die Türen eines futuristischen Kleinbusses öffnete, brandete spontaner Beifall auf.

Während sich für die Fahrleistungen des Neo-Bullis Budd-e keiner zu interessieren scheint, sind es solche Gimmicks und Gadgets, mit denen die Autohersteller die Besucher begeistern. Denn Diess sprach nicht auf einer klassischen Automesse, sondern steht auf der Bühne der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas.

Dort waren in diesem Jahr nicht Benzin oder Diesel die treibende Kraft, sondern Bits und Bytes. „Das Auto ist das ultimative Smartphone auf Rädern und hat deshalb auf der größten Elektronikmesse der Welt einen gebührenden Platz verdient", sagte CES-Chef Gary Shapiro. Ein großes Thema: das autonome Fahren. Kaum jemand hat mehr Zweifel, dass der Autopilot nur noch eine Frage der Zeit ist. „Das Auto der Zukunft kann alleine fahren", war sich etwa VW-Chef Diess sicher.

Hersteller und Zulieferer tun alles dafür, dass es bis dahin nicht mehr lange dauert. Sie stocken wie Ford ihre Testflotten auf oder reizen wie Mercedes mit der neuen E-Klasse den gesetzlichen Rahmen aus. Und sie präsentieren wie Nvidia allein fürs autonome Fahren entwickelte Superchips. Sie bauen Laser mit schärferem Blick und entwickeln Konzepte, mit denen das digitale Abbild der Wirklichkeit genauer und aktueller wird. Entwicklungsvorständen wie Klaus Fröhlich von BMW oder Thomas Weber von Mercedes geht es dabei um Sicherheit, Komfort und Entspannung.

Und darum, den Menschen etwas Zeit zurückzugeben, die sie anders nutzen können. Es ist aber auch ein Milliardengeschäft, erklärte Andreas Radics von der Management-Beratung Berylls in München: „Wer den medialen Zugang zum Fahrer hat, dem winkt Mehrgeschäft durch Daten, Apps, Verkauf von Inhalten, Werbung und dem Generieren von Nutzungsdaten." Deswegen wollen auch IT-Konzerne wie Apple oder Google das Auto zum Computer auf Rädern machen.

Bei der Vernetzung geht es nicht nur um Online-Dienste, Infotainment oder Internet-Recherchen, sondern um das „Internet der Dinge", in dem alles miteinander kommuniziert. „Das Auto wird dabei eine zentrale Rolle spielen", sagte VW-Chef Diess. Einen Vorgeschmack bietet der VW Budd-e. In ihm kann man vom Steuer aus die Video-Sprechanlage einer Haustür aktivieren, die Freunde schon mal hereinlassen und vorher sogar noch elektronisch in den Kühlschrank schauen, ob genügend Getränke da sind. Andere Autos kontaktieren die Wohnung vor der Ankunft, damit die Heizung läuft und beim Einfahren auf das Grundstück im Flur schon das Licht angeht. Audi nutzt die Informationen von Wearables, um den Gemüts- und Gesundheitszustand des Fahrers zu erfassen und passende Wellness-Programme zu starten.

Selbst Drohnen gehören zu der Vision vom Auto von morgen

Paradiesvogel Frank Rinderknecht hat seiner Studie Rinspeed Etos eine als Scout zur Seite gestellt. Ford hat auf der CES sogar einen Entwickler-Wettbewerb gestartet und 100.000 Dollar für eine Software ausgelobt, die Fahrzeug und Drohne etwa für Hilfseinsätze perfekt vernetzt. Knöpfe, Schieber und Taster sterben scheinbar aus. Sie machen Platz für Bildschirme oder Touchpads, die auf Fingerzeig reagieren oder im Lenkrad ein haptisches Feedback geben. VW hat für dieses Jahr ein System für den Golf angekündigt, das für die Steuerung von Radio und Co Handgesten vor dem zentralen Bildschirm erkennen kann.

Autonom in die Parklücke

BMW hat eine ähnliche Technik bereits im 7er im Einsatz und geht mit dem System Airtouch jetzt noch weiter. Nahezu das gesamte Cockpit ist mit Sensoren bestückt und die Software so programmiert, dass viel mehr Gesten erkannt werden. Zusammen mit einem interaktiven und vorausschauenden Menü soll sich so nahezu das ganze Infotainment mit Gesten steuern lassen. Den Serienstart stellt BMW für die nächsten Jahre in Aussicht. Aber die Gestensteuerung geht noch weiter: Die BMW-Ingenieure schicken i3-Prototypen per Handzeichen autonom in die Parklücke und wieder heraus.

Spiegel werden übeflüssig

Mit lernfähigen Algorithmen wissen die Autos zunehmend selbst, was gerade von ihnen erwartet wird, erklärt Mercedes-Elektronikchef Sajjad Khan. Er verweist etwa auf die Infotainmentmenüs der neuen E-Klasse. Hinzu kommen größere Bildschirme, deren Darstellung man immer stärker individualisieren kann, 3D-Grafiken oder Hologramme, die über der Fahrbahn schweben. Selbst die Spiegel werden überflüssig und durch vom Computer komponierte Kamerabilder auf einem Monitor ersetzt - wie bei BMW.

Elektrischer Sportwagen mit 330 km/h Spitze

Die Antriebe für die Autos für morgen spielen auf der CES kaum eine Rolle. Wenn doch, sind sie natürlich elektrisch. Kein Wunder also, dass der Budd-e mit E-Motoren auf die Bühne surrt, BMW sein neues Airtouch-System in eine offene Variante des Öko-Sportwagens i8 eingebaut hat und GM den elektrischen Kleinwagen Bolt nicht nächste Woche auf der Motorshow in Detroit, sondern hier auf der Elektronikmesse enthüllt. Doch so ganz ohne Speed und Spaß kommt man offenbar auch auf der Datenautobahn nicht weiter. Der elektrische Newcomer Faraday Future debütiert nicht mit einem vernünftigen Kleinwagen oder einem schnöden Crossover, sondern mit einer Sportwagenstudie mit über 735 kW/1000 PS und mehr als 330 km/h Spitze.