Damit das auch in Zeiten der Umstellung auf batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Busse so bleibe, habe der VDV ein Positionspapier vorgelegt, das die Herausforderungen beschreibe und Lösungsansätze aufzeige. „Noch haben wir herkömmliche Busse in ausreichendem Maße im Bestand“, so Overkamp, „doch mit Blick auf 2035, wenn auch die Regionalbusse elektrifiziert sein müssen, brauchen wir deutliche Weiterentwicklungen in Bezug auf Reichweiten und verfügbare Lade-Infrastruktur.“ Das müsse strategisch aufgebaut werden und gelänge nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Denn ohne die Kollegen im Zivil- und Katastrophenschutz vor Ort werde die Branche das nicht schaffen, zumal „beachtliche Investitionen notwendig“ seien.

Dass Verkehrsunternehmen ihre Busse im Ernst- und Bedarfsfall aus dem Linieneinsatz abzögen und für anderweitige Einsätze bereitstellten sei oft vom Einzelfall abhängig. Als Beispiele nennt der VDV Bombenentschärfungen oder Giftstoffalarme. „In solchen Situationen werden Lösungen an den Fall speziell angepasst.“ Dabei basierten Busse derzeit vollständig auf fossilen Antrieben: „Kurze Betankungszeiten und eine entsprechend vorbereitete Infrastruktur einschließlich Tankstellen mit Notstromversorgung und ausreichender Kraftstoffbevorratung stellen seit Jahrzehnten sicher, dass auch bei Ausfall der Versorgung mit ausreichend elektrischer Energie für den Betrieb von S-, U- oder Stadtbahnen die Personenbeförderung oder andere Aufgaben aufrechterhalten werden können.“ Ebenso seien die Werkstätten und Tankstellen des ÖPNV Anlaufstellen für die Fahrzeuge der Rettungsdienste, die dort versorgt und gewartet würden.

Vor diesem Hintergrund stelle die Elektrifizierung die Branche vor Herausforderungen – die allerdings lösbar seien. „Die VDV-Fachgremien haben sich mit der Frage beschäftigt, was der ÖPNV mit seinen modernen Elektrobussen in Zukunft für den Bevölkerungsschutz leisten kann“, so Overkamp. „Das wichtigste Ergebnis: Die Verkehrsunternehmen bleiben mit ihren Busflotten und ihrer Infrastruktur eine sichere Bank für die Bevölkerung – allerdings müssen Verkehrsunternehmen und Kommunen Vorsorge treffen.“ Batterieelektrische Busse könnten ohne eine funktionierende und verfügbare Energieinfrastruktur nicht geladen werden, Verdichter und Vorkühler von Wasserstoffbetankungsanlagen funktionieren ohne Strom ebenfalls nicht. Auch die spontane Auslösung von Notverkehren sei problematisch, da der Einsatz von batterieelektrischen Bussen in der Regel genau auf den Linienumlauf abgestimmt sei und somit kaum ausreichend elektrische Energie für die dann notwendigen zusätzlichen Fahrten zur Verfügung stehe.

Mögliche Lösungsperspektiven

Der Branchenverband hält einen konstruktiven Austausch und die Erarbeitung von Alternativkonzepten mit den kommunalen Entscheidungsträgern für dringend erforderlich. „Die neue Herausforderung ist vor Ort noch nicht ausreichend bekannt“, warnt Overkamp. Daher beschreibe der VDV in seinem Positionspapier erste Ansatzpunkte, die von den Stadt‑, Kreis- und Katastrophenschutzbehörden weiterverfolgt werden könnten. Darunter beispielsweise die Definition und Finanzierung einer Reserve von emissionsfreien Bussen durch Aufgabenträger und Landesbehörden, die von kommunalen Verkehrsunternehmen betrieben und instandgehalten werden, die Positionierung leistungsfähiger Notstromaggregate in Betriebshöfen, einschließlich einer Sicherstellung der kontinuierlichen Versorgung mit notwendigen Flüssigkraftstoffreserven, die (optionale) Erlaubnis für den Betrieb von flüssigkraftstoffbetriebenen Überlandbussen (Klasse M3 II) im städtischen Linieneinsatz, die nicht der Clean Vehicles Directive bzw. dem Gesetz zur Beschaffung sauberer Fahrzeuge unterliegen, die auch nach 2040 weiterhin mit Flüssigkraftstoff betrieben werden dürfen und die Übertragung der Aufgaben des Bevölkerungsschutzes von kommunalen auf private Busunternehmen, die einen Anteil an flüssigkraftstoffbetriebenen Bussen bzw. Überlandbussen nutzen dürfen.

In Deutschland teilen sich die Kommunen, die Länder und der Bund bislang die Aufgaben des Bevölkerungsschutzes, der als Oberbegriff alle Aufgaben und Maßnahmen der Kommunen und der Länder im Katastrophenschutz sowie des Bundes im Zivilschutz beschreibt. Während dem Zivilschutz der Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren zufällt, umfasst der Katastrophenschutz die Gefahrenabwehr bei Katastrophen. Das Positionspapier „Auswirkungen der Antriebswende im ÖPNV auf den Bevölkerungsschutz“ ist unter www.vdv.de/positionensuche.aspx zu finden.