Das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg fördert das Vorhaben mit 14 Millionen Euro. Nach RABus-Angaben scheint das Ziel zunächst nicht zu sein, einen autonomen Busbetrieb im Land zu installieren. Man wolle zunächst lediglich eine "Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen für die technische Umsetzung und die betriebliche Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit eines autonomen Busbetriebs" ermöglichen und die Beurteilung einer landesweiten Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse untersuchen. Rechtliche Belange und verkehrliche Wirkungen des landesweiten Einsatzes eines weitgehend fahrerlosen Busshuttle-Betriebes mit „Normal“-Geschwindigkeiten sollen dabei ebenfalls Berücksichtigung finden.

Die Reallabore sollen dazu dienen, unter realen Bedingungen Erfahrungen mit digitalen Innovationen zu sammeln. Beteiligt werden Akteure aus Forschung, Industrie, Kommunen und Betreibern. Um möglichst vielfältige Anwendungsfälle und Mobilitätsangebote untersuchen zu können, will man 2024 zunächst in Friedrichshafen und Mannheim Reallabore mit unterschiedlichen Schwerpunkten etablieren.

Friedrichshafen empfehle sich mit seinen etwas mehr als 62.000 Einwohnern zum einen deshalb als Reallabor, weil mit der ZF Friedrichshafen AG ein RABus-Projektpartner seinen Hauptsitz in der Stadt habe. Außerdem sei die Region touristisch attraktiv – jedes Jahr verzeichne sie rund 350.000 Gäste und rund 800.000 Übernachtungen. Hinzu kämen mehrere große, internationale Fachmessen und Hochschulen. Der ÖPNV verfüge über 18 Stadtverkehrslinien, sechs Nachtbuslinien und zahlreiche Regionalverkehrslinien und sei mithin bereits sehr gut ausgestattet. Diese Mischung mache Friedrichshafen zum perfekten Reallabor, heißt es seitens RABus, um unterschiedliche mögliche Anwendungsfälle für das automatisierte Fahren zu erforschen.

 

Alltag mal anders: Realverkehr im Reallabor

In Friedrichshafen ist geplant, einen autonomen Linienbetrieb auf festen Routen umzusetzen. Als erstes wird hier eine Strecke zwischen dem ZF Forum und dem Klinikum Friedrichshafen bedient, wobei die Shuttles ab 1. April 2024 passagierlos unterwegs sein werden. Erst ab voraussichtlich Herbst 2024 sollen Fahrgäste mitfahren dürfen – allerdings nur als „Testfahrer“ und nach vorheriger Anmeldung. Nach rein innerstädtischen Anwendungen sollen die Shuttle-Busse in einem zweiten Schritt dann auch Überlandstraßen befahren. Die Geschwindigkeit der Shuttles soll so gewählt werden, dass sie im fließenden Verkehr „mitschwimmen“.

Auch in Mannheim geht es zunächst um das „Mitschwimmen“ der autonomen Shuttles im fließenden Verkehr – speziell im "Franklin-Wohngebiet" im Norden der Stadt. Die Siedlung umfasst 144 Hektar und beherbergte einst Angehörige der US-Armee. Von 2015 bis 2025 entstanden und entstehen hier Wohnungen für insgesamt 9.000 Menschen, daneben gewerbliche Einrichtungen sowie rund 50 Hektar Parkanlage. Mit der Stadtbahnlinie fünf existiert auch bereits eine Anbindung an den ÖPNV, nur ist dieses Angebot auf Grund der Größe von Franklin für den tatsächlichen Bedarf nicht ausreichend. Bestandteil des neuen ÖPNV-Konzepts ist die Umsetzung von automatisierten Buslinien, die entfernte Areale von Franklin an die Linie fünf anbinden. Da Franklin als Wohngebiet konzipiert ist, wird eine dauerhafte Geschwindigkeitsbegrenzung von max. 20 km/h gelten. Das bietet ideale Voraussetzungen für die Einflechtung autonomer Fahrzeuge.

Zur Verfügung gestellt werden diese von ZF. Für beide Reallabore ist der Einsatz des „People Mover“ der ZF Mobility Solutions vorgesehen – pro Reallabor zwei Fahrzeuge. Diese verfügen über eine Fahrgastkapazität von bis zu zehn Personen inklusive Rollstuhlplatz. Die Höchstgeschwindigkeit der Shuttles liegt aktuell bei 40 Stundenkilometern. ZF soll auch ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet haben. Wenn die Tests starten, soll zunächst stets ein Sicherheitsfahrer an Bord der Shuttles sein und das jeweilige Fahrzeug überwachen.