Fahrerloses Fahren im öffentlichen Verkehr wird ab sofort im Landkreis Nordsachen erprobt. Am Mittwoch (14. Juli) ist in Rackwitz das erste automatisierte Shuttle vorgestellt worden. „Das Projekt ist für ganz Sachsen bedeutsam. Wir entwickeln hier die Mobilität von morgen im ländlichen Raum“, sagte der Landrat des Landkreises Nordsachsen. Der Bus soll bis zu 21 Fahrgäste vom Bahnhof Rackwitz an den Schladitzer See bringen.
Zukunftsweisende Mobilität sei eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung in der Fläche, betonte Frank Pfeil, Staatssekretär im sächsischen Ministerium für Regionalentwicklung. Er überreichte dem Landrat eine Finanzierungshilfe in Höhe von 988.000 Euro für den folgenden Lern- und Pilotbetrieb.
Zunächst wird der Bus mit einem Sicherheitsfahrer unterwegs sein, der bei Bedarf eingreifen kann. „Das Shuttle muss lernen, wie ein Baby das Sprechen oder Laufen“, sagte der Leiter des Projektes, Christian Hoyas, vom Straßenverkehrsamtes des Landkreises.
Partner des Landkreises ist das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in Dresden. „In dem Shuttle wird künstliche Intelligenz eingesetzt, die das Umfeld und die Objekte erkennt und verarbeitet. Zudem wird das System mit anderen Fahrzeugen in Kontakt treten, zum Beispiel bei einem Fahrspurwechsel“, sagte Thomas Otto vom Fraunhofer-Institut.
Das Shuttle hat 180 PS, kann Tempo 70 erreichen und verfügt über 15 Sitz- und sechs Stehplätze. Zahlreiche Radarsensoren, Laserscanner, Außen- und Innenkameras überwachen den Straßenverkehr und senden permanent Informationen an das Fahrzeug. Zudem ist das Shuttle mit einem hybriden Steuerungskonzept ausgestattet. So kann zwischen automatisiertem und manuellem Betrieb gewechselt werden.
Wann das Shuttle ganz ohne Fahrer auf den knapp vier Kilometer langen Weg geschickt werden kann, ist noch unklar. „Um eine Überwachung durch eine zentrale Leitstelle gewährleisten zu können brauchen wir deutlich höhere Übertragungsraten. 5G ist da unverzichtbar“, erläuterte Projektleiter Hoyas. Als Ziel wurde das 2. Quartal 2022 genannt.
Das sei derzeit unrealistisch, betonte Maren Weber von Ernst & Young. „Juristisch ist es nach aktuellem Stand eine Wunschvorstellung, Busse mit Fahrgästen komplett fahrerlos auf die Straßen zu schicken“, sagte die Rechtsanwältin. Unter anderem die Fragen der Versicherung, Haftung und des Datenschutzes seien noch nicht geklärt. Im kommenden Jahr will der Gesetzgeber zunächst das vollautomatisierte Fahren in den Regelbetrieb übernehmen. Dabei überlässt der Fahrer dem System sämtliche Fahrfunktionen und übernimmt bei Warnungen das Steuer.