Der ungarische Kompromiss-Entwurf folgt auf den „sehr bürokratischen“ Vorschlag, den die EU-Kommission im November 2023 vorgelegt hatte. Der bdo und weitere Touristikverbände kritisierten an dem Vorschlag insbesondere die unverhältnismäßige Ausweitung der kostenlosen Stornierungsrechte nach § 651 h Abs. 3 BGB und die komplizierten Neudefinitionen der Pauschalreise sowie die Begrenzung der Höhe und Fristen für die Anzahlungen. Der bdo habe seither auf nationaler und europäischer Ebene Gespräche geführt und sei bei Politik und Ministerien auf offene Ohren gestoßen. Mit dem Kompromiss-Vorschlag der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft zeige die Arbeit erste positive Resultate.
Klare Definition
Was als „Pauschalreise“ zu bezeichnen sei, soll eine neue, einfachere und praxistaugliche Definition erhalten. Für den Fall, dass ein Buchungsprozess unterbrochen wird und Reisende zu einem späteren Zeitpunkt weitere Leistungen für dieselbe Reise buchen, soll es nicht mehr mehrere Varianten mit verschiedenen Fristen geben. Stattdessen soll es darauf ankommen, ob innerhalb von 24 Stunden für dieselbe Reise nochmals personenbezogene Daten der Reisenden an Dritte übermittelt werden.
Der Passus, dass maximal 25 Prozent des Reisepreises als Anzahlung und der volle Reisepreis frühestens 28 Tage vor Reisebeginn verlangt werden dürfen, wurde gestrichen. Maßgebend sollen die nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten sein, keine EU-Vorgaben.
Leistungspartner sollen ihre erhaltenen Vorauszahlungen innerhalb von sieben Tagen an die Reiseveranstalter zurückzahlen. Reiseveranstalter wiederum sollen die Kundengelder innerhalb von 14 Tagen zurückerstatten. Die EU erkennt damit die erforderliche Reihenfolge der Rückerstattungen – Leistungspartner vor Reiseveranstalter – an. Nicht geregelt ist bislang allerdings, was geschieht, wenn ein Leistungspartner nicht zahlt. Der bdo will sich diesbezüglich für eine klarstellende, faire Regelung einsetzen, da Zahlungs- und Liquiditätsrisiken nicht allein auf den Busmittelstand abgewälzt werden dürften.
Stornierung total?
Was die kostenlosen Stornierungen wegen außergewöhnlicher Umstände betrifft, so bleibt weiterhin problematisch, dass Kunden künftig nicht nur wegen außergewöhnlicher Umstände am Reiseziel, sondern auch wegen Umständen am Abreiseort oder Wohnort kostenlos stornieren können sollen. Der bdo will sich deshalb zusammen mit dem Weltdachverband der Straßentransportwirtschaft (IRU) und weiteren verbündeten Touristik-Verbänden deutlich gegen diese Regelung positionieren. Eine weitere Ausweitung der Reiseveranstalter-Haftung widerspreche jeglicher Verhältnismäßigkeit, so die Argumentation des bdo. Für allgemeine Lebensrisiken müssten Reisende mithaften. Selbst Verbraucherschützer hätten sich entsprechend bereits kritisch zu dieser Regelung geäußert, schlicht und ergreifend, weil durch eine Erweiterung der Haftung Pauschalreisen teurer werden würden.
Fraglich sei, ob Kunden dann überhaupt noch Pauschalreisen buchen – oder ob die Novellierung des Pauschalreiserechts letztlich dazu führt, dass das Angebot als solches ausstirbt.
Inkrafttreten frühestens Ende 2027
Nach der Vorlage des Kompromiss-Entwurfs ist nun erneut das EU-Parlament am Zug. Der bdo rechnet mit einer Entscheidung jedoch erst ab der zweiten Hälfte des Jahres 2025 bis Anfang 2026. Unklar sei, welchen Einfluss die Bundestagswahlen im Februar 2025 auf die Position Deutschlands haben werden. Hier könnte es je nach Ausgang der Wahlen zu einem Positionswechsel hinsichtlich der EU-Pauschalreiserichtlinie kommen. Derzeit sei davon auszugehen, dass die neuen EU-Regelungen nach einer Übergangsfrist für die nationale Umsetzung frühestens Ende 2027 in Deutschland in Kraft treten werden, schätzt der bdo.