Ziel der Analyse soll sein, anhand von Beispielen aufzuzeigen, welche Handlungsspielräume die Bundesländer „für mehr Klimaschutz, Lebensqualität und soziale Teilhabe“ ausnutzen könnten. Dabei gehe es vor allem darum, Verbesserungen im öffentlichen Verkehr, im Fuß- und Radverkehr und bei der Elektromobilität herbeizuführen. Die Bundesländer hätten hier nicht nur eine „verbindende Funktion“ zwischen Bund und Kommunen, sondern könnten auch „gesetzliche Rahmenbedingungen mitgestalten, eigene Ziele und Instrumente für die Verkehrswende entwickeln, Verwaltungsstrukturen verbessern, Modellprojekte anstoßen und die Kommunen bei der Umsetzung unterstützen“.

Wiebke Zimmer, die stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende fordert, dass sich die Bundesländer mehr für die Verkehrswende einsetzen müssen. Der Einfluss der Länder beim Klimaschutz im Verkehr werde oft unterschätzt. „Dabei können sie Bund und Kommunen unterstützen, wenn sie bereit sind, ihre Handlungsspielräume auszuschöpfen“, meint Zimmer. Wichtig sei, dass Politik und Verwaltung in den Bundesländern „ihre Rolle in der nachhaltigen Verkehrspolitik annehmen und zu einem gemeinwohlorientierten Gesamtkonzept“ beitragen. Die Bundesländer seien eine wichtige Schaltstelle, „damit Deutschland seinen Rückstand auf dem Weg zur Klimaneutralität im Verkehr aufholen kann.“

 

Aus der Praxis: Von Mobilitätsgesetz bis Mobilitätspass

Im Rahmen der Analyse wartet Agora Verkehrswende mit Beispielen aus Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen auf. Brandenburg etwa habe seit Anfang 2024 ein Mobilitätsgesetz „mit ambitionierten Landeszielen“, das unter anderem vorsähe, den Anteil von Bus und Bahn sowie Rad- und Fußverkehr an den insgesamt zurückgelegten Wegen bis 2030 auf 60 Prozent zu steigern, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs an diesem Ziel zu orientieren und ein landesweites Radwegenetz aufzubauen. Das Gesetz sei im Dialog zwischen der Landesregierung und der Volksinitiative „Verkehrswende jetzt“ entstanden.

Mehrere Bundesländer hätten zudem ressortübergreifende Arbeitsgruppen eingerichtet, in denen Vertreter aus den zuständigen Ministerien und Behörden Vorhaben für die Verkehrswende absprächen. In Hamburg gäbe es neben der „Senatskommission für Klimaschutz und Verkehrswende“ auch ein „Bündnis für den Rad- und Fußverkehr“. Das Bündnis schaffte einen verbindlichen Rahmen für die Zusammenarbeit der Bezirke und Verwaltungseinheiten beim Thema Rad- und Fußverkehr, mit gemeinsamen Planungsprinzipien und Zielen.  

Baden-Württemberg verspräche in seiner ÖPNV-Strategie, die Fahrgastzahlen bis 2030 im Vergleich zu 2010 zu verdoppeln und eine „Mindestversorgung mit Bus und Bahn“ zu gewährleisten. Die Landesregierung wolle den Kommunen über ein Gesetz ermöglichen, Abgaben für Verbesserungen im öffentlichen Verkehr zu erheben. Je nach Variante würden dann Einwohner, Arbeitgeber und/oder Fahrzeughalter einen monatlichen Betrag bezahlen und dafür einen „Mobilitätspass mit Guthaben“ für öffentliche Verkehrsmittel erhalten. Die Kommunen könnten selbst entscheiden, ob und in welcher Form sie einen Mobilitätspass einführen.

 

Alles Elektro

Die Elektromobilität und den Ausbau der dafür erforderlichen Ladeinfrastruktur könnten die Bundesländer insbesondere über Förder- und Beschaffungsprogramme sowie Zielvorgaben, Raumordnung und Planung stärken, heißt es aus dem Thinktank. Nordrhein-Westfalen habe Ende 2023 beispielsweise ein Ladeinfrastruktur -Handlungskonzept veröffentlicht, in dem der Bedarf an öffentlich zugänglichen Ladepunkten sowie an Ladepunkten am Arbeitsplatz und an Wohngebäuden kalkuliert werde. Daran orientiert unterstütze das Land die Kommunen beim Aufbau der Ladeinfrastruktur, bei der Ausarbeitung von Standortkonzepten und bei der Beschaffung von Elektrofahrzeugen.

„Die Beispiele aus den Bundesländern machen Mut“, sagt Dr. Philine Gaffron, Projektleiterin Städtische Mobilität bei Agora Verkehrswende. „Es geschieht schon einiges, aber es geht mehr. Die Bundesländer können viel voneinander lernen.“ Wie es nicht laufen sollte, sei deutlich geworden, als der Bundesrat im November die Reform des Straßenverkehrsrechts blockierte. „Der Kompromiss – ein Minimalkonsens – war monatelang ausgehandelt worden, auch mit den Verkehrsministerien der Länder. Kommunen fordern parteiübergreifend mehr Entscheidungsfreiheit und Rechtssicherheit für eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik. Deshalb ist es höchste Zeit, dass das Thema in den Vermittlungsausschuss kommt. Dafür stehen insbesondere die Bundesländer in der Verantwortung.“