Hans Robert Lee, kurz: Bob Lee, wird heute 80 Jahre alt. Der gebürtige Schweizer prägte gemeinsam mit Albrecht Auwärter, einstiger Firmeninhaber und Chef des Busbauers Neoplan, das Gesicht der schwäbischen Busmarke.
Beide lernten sich Ende der fünfziger Jahre beim Maschinenbaustudium in Hamburg kennen und kamen 1961 mit dem „Typ Hamburg“ (Diplomarbeit) zurück ins Auwärter Stammwerk nach Stuttgart-Möhringen. Der damalige Firmeninhaber war Gottlob Auwärter („Urlaub, Krankheit und Gehaltserhöhung sind Begriffe, die ich in meinem Unternehmen nicht hören will“, wird er zuweilen in geselliger Runde kolportiert).
Er soll über das Meisterstück der stolzen Rückkehrer zunächst „not amused“ gewesen sein: zu verschroben, zu wenig winkelig sei das Teil. Der Fahrerplatz wurde gegenüber dem Fahrgastraum tiefer gelegt, die Sitze auf Podesten angeordnet. Geradezu sensationell die Düsenbelüftung über jedem Sitz. Eine Entdeckung, die den beiden jungen Ingenieuren bei den Schiffen im Hamburger Hafen aufgefallen war. Ins Dach gerundete Scheiben.
Wie aus dem Cityliner ein Reisebus wurde
Das futuristische Design der Neoplan-Busse entsprach dem Zeitgeist. Science fiction hatte im Fernsehen, auf der Leinwand und im Comic Konjunktur. Als Ende der 60er Jahre der Vorläufer des Cityliner durch Ost- und Westberlin als Sightseeing-Bus mit vollverglastem Oberdeck rollte, hatte das „Schaufenster des Westens“ (Westberlin) plötzlich Räder bekommen. Aus dem Stadtrundfahrtenbus wurde später der beliebteste Reisebus. Das Unterdeck bot guten Stauraum für die immer zahlreicheren Koffer der Reisegäste.
Siegeszug der Doppeldecker
Das Duo Albrecht Auwärter und Bob Lee lief zur großen Form auf: Doppeldecker in allen Varianten. Für die Nasa als Rundfahrtenbusse auf dem Raumfahrtgelände, für Las Vegas als Shuttle zu den Spielcasinos. Werke in Ghana und in den USA in Lamar öffneten. Der Leichtbus Metroliner aus Faserverbundstoffen betrat Ende der 80er Jahre die Bühne. Neue Werke und Arbeitsplätze entstanden im vereinigten Deutschland in Ehrenhain und Plauen. Der Megaliner stieß 1992 die Tür zu neuen Buslängen in Europa auf.
Neoplan verstand auch, diese Erfolge in der Firma zu feiern. Wenn ein Bus „Bus des Jahres wurde“, ein Megaliner getauft wurde, ein Starliner im Rampenlicht der Branche strahlte, wurde gefeiert, bis die Heide wackelte und das letzte Glas Trollinger geleert war. Jeder hatte das Gefühl „Ich bin dabei gewesen, Ingenieur und Meister, Chef und Sekretärin, Verkäufer und Kunde. Das ist mein Erfolg.“ Heute nennt man so etwas wohl Spirit.
Kolumnist des Bus Blickpunkt
Im März 1994 verstarb Albrecht Auwärter nach kurzer schwerer Krankheit. Sein Bruder Konrad Auwärter (Chef des Stadtbuswerkes in Pilsting) übernahm den Vorsitz des neu geschaffenen Verwaltungsrates. Bob Lee wurde Geschäftsführer. Im Jahr 2000 entschied die Familie Auwärter, das Unternehmen Neoplan an MAN zu verkaufen. So geschah es 2001.
Bob Lee ging in den Ruhestand. Wenig später war er für internationale Busmarken als Berater und Konstrukteur erfolgreich. Für den Bus Blickpunkt schrieb er mehrere Jahre die Kolumne „So sehe ich das“. Sie begann mit einem Beitrag zum Thema: „Wie lange kann ein Bus im Hochwasser überleben?“ Anlass war ein durch das damalige Elbe-Hochwasser überschwemmter Fuhrpark, Bilder davon gingen durch die Medien.
Am Schlagzeug der New-Solid-Jazzband
Wie kein Zweiter hat Bob Lee das Busdesign bestimmt und die Leidenschaft seines Berufes gelebt. Doch fortan nahm sein einstiges Hobby, Schlagzeug spielen, immer mehr Raum ein. Er ging wieder zur Musikschule, besuchte Musiker-Kreuzfahrten, trat mit der New-Solid-Jazzband auf. Der Neoplan rollt indes weiter. Viele ehemalige Mitarbeiter sind heute bei anderen Busherstellern erfolgreich. Ihre Zeit bei Neoplan hat sie geprägt. Und so mancher wird sich vielleicht auch an einen Rat von Bob Lee erinnern: „Was man gerne macht, macht man gut.“