Podiumsdiskussion auf dem 23. ÖPNV-Kongress des WBO
Podiumsdiskussion auf dem ÖPNV-Kongress des WBO

Auf dem 23. ÖPNV-Kongress des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer e. V. (WBO), der gestern in der Stadthalle Sindelfingen stattfand, wurde klar, warum im ÖPNV, sowohl in Baden-Württemberg als auch im gesamten Bundesgebiet, momentan politisch viele Dinge in Bewegung sind.

Im „Ländle" geht es in diesen Tagen ans Eingemachte, denn die neue Landesregierung feilt akribisch an einem Koalitionsvertrag, der große Auswirkungen auf den ÖPNV in Baden-Württemberg und auf die insgesamt 577 privaten Busunternehmen vor Ort haben könnte.

Um den rund 270 Teilnehmern des ÖPNV-Kongresses einen Einblick in die Ziele der Politik zu geben, waren Landtagsabgeordnete und Verkehrspolitiker aller im Landtag vertretenen Fraktionen angereist. Problem, so richtig wasserdichte Auskünfte könnte keiner der Beteiligten geben, denn noch hat sich die Baden-Württembergische Landesregierung gar nicht konstitutiert bzw. sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.

Demzufolge wurden vorsichtig vorgebrachte Einblicke in die Arbeit des Verkehrsausschusses oftmals mit der Anmerkung „unter Finanzierungsvorbehalt" garniert. Bedingt durch die in Stuttgart und Sindelfingen typische morgentliche Verkehrssituation, konnten einige Referenten erst verspätet anreisen, da sie im Stau steckten (ein Grund mehr für den Ausbau der Fördermittel im ÖPNV). Somit begann der 23. ÖPNV-Kongress des WBO etwas verspätet, gab aber dennoch Aufschluss über einige verkehrspolitische Themen und richtete seinen Fokus, etwa im Vortrag von David Sorg, Projektleiter Marktentwicklung bei der Vekehrsbetriebe Zürich, auch auf den ÖPNV der Zukunft, in dem der Bus möglicherweise die neue Straßenbahn werden könnte.

WBO fürchtet die Sparkeule der Landesregierung

Eröffnet wurde der Kongresstag traditionell vom WBO-Vorsitzenden Klaus Sedelmeier, der sich in seinen Begrüßungsworten auch direkt an die Vertreter der Politik wandte, um die Wichtigkeit des Busses für den ÖPNV in Baden-Württemberg herauszustellen. Demnach sind 53 Prozent aller ÖPNV-Fahrgäste im gesamten Bundesland in Bussen unterwegs. „Der Ausgang der Landtagswahlen in Baden-Württemberg hat viele Menschen in verschiedenster Hinsicht sehr überrascht. Wohin die Reise mit dem ÖPNV in Baden-Württemberg nun genau gehen wird, wissen wir nicht. Die Koalitionsverhandlungen laufen zwar noch, doch es steht zu befürchten, dass es in Zukunft schwierig werden wird für uns private Omnibusunternehmer", sagte Klaus Sedelmeier. Der WBO-Vorsitzende befürchtet, dass im künftigen Haushalt an an allen Ecken und Enden mit der Sparkeule geschwungen werden könnte. „Wenn Gelder gestrichen werden, geht immer auch Qualität verloren", so Sedelmeier. Der ÖPNV sei in Baden-Württemberg nur mit dem Bus als Beförderungsmittel Nummer eins zu leisten. Demzufolge müsse die öffentliche Hand Gelder bereitstellen, damit sowohl die Qualität als auch das Angebot auf dem bisherigen Niveau bleiben bzw. weiter ausgebaut werden können. Damit zielte Sedelmeier vor allem auf die Busförderung, da der Fördertopf für viele Busunternehmer im vergangenen Jahr nicht gereicht habe, aber auch auf den Paragraphen 45a im PBefG, der die Ausgleichszahlungen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs regelt.

Busförderung soll verstetigt und ausgebaut werden

Dr. Uwe Lahl, Ministerialdirektor im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg, der in Vertretung für den verhinderten Vekehrsminister Winfried Hermann (GRÜNE) auf dem ÖPNV-Kongress referierte, gab in seinem Vortrag einen Einblick in den bisherigen Stand der Arbeit des Verkehrsausschusses der noch zu konstituierenden Landesregierung. Demnach soll die Busförderung, die in Baden-Württemberg eine über 20-jährige Tradition hat, verstetigt und ausgebaut werden. Lahl nannte hier eine Zahl von 15 Millionen Euro, in einem späteren Pressegespräch wurde diese Zahl allerdings von WBO-Geschäftsführer Dr. Witgar Weber und dem WBO-Vorsitzenden Klaus Sedelmeier korrigiert: die aktuelle Busförderung in Baden-Württemberg habe stets 10 Millionen Euro betragen und diese gelte es weiter auszubauen bzw. in ihrer Effektivität zu steigern. Weitere 5 Millionen sollen demnach - verkehrsmittelübergreifend - in neue Antriebskonzepte und E-Mobiliät investiert werden und bis 2021 will man in Baden-Württemberg flächendeckend das E-Ticketing einführen. Außerdem zeichne sich ab, dass das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz über das Jahr 2019 hinaus verlängert werden soll und mit einem Betrag von 10 Millionen Euro 50 vom Land finanzierte Regiobus-Linien in Dienst gestellt werden. Alle Angaben sind unter Finanzierungsvorbehalt, demnach steht noch nicht fest, inwieweit die neue Landesregierung diese Unternehmungen auch wirklich finanzieren kann und wird.  So richtig glauben mag man demnach beim WBO an die genannten Zahlen noch nicht.

Alle Wege offenlassen

In der Podiumsdiskussion, mit den verkehrspolitischen Sprechern des Landtags Jochen Haußmann (FDP), Nicole Razavi (CDU), Martin Rivoir (SPD), Emil Sänze (AfD) und Andreas Schwarz (GRÜNE) war zu vernehmen, dass man die Interessen der Busunternehmer auf jeden Fall mit in die Koalitionsverhandlungen nehmen werde – genaue Auskünfte und Vorhaben konnte allerdings niemand aufzeigen. „Wir werden uns gerade in Bezug auf den Paragraphen 45a alle Wege offenlassen und die Interessen der Unternehmen im Auge behalten. Diese Unternehmung geht nur mit ihnen", sagte Nicole Razavi. Nichtsdestotrotz geht die Durchsetzung solcher Sachen oftmals nicht ohne Verwerfungen vonstatten." Dennoch, man will sich für die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren einsetzen und auch das Bewusstsein über die Wichtigkeit des Busses für den ÖPNV scheint gegeben. Gesprochen wurde unter anderem auch von einer Z-Liste, die die Zusätze" aufführt, welche die Abgeordneten nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen gerne in Realpolitik gießen wollen. Die liegt momentan wohl gerade beim Finanzierungsausschuss und könnte demnach empfindlich beschnitten werden. Genauere Angaben wird man, daraus resultierend, erst machen können, wenn sich die neue Landesregierung Baden-Württembergs konstituiert hat.