Doch angesichts des großen Streitpotenzials, welche Art des Wirtschaftens „nachhaltig“ ist, verzichten die Initiatoren der Kampagne von vornherein auf eine Zertifizierung, bei der bestimmte Kriterien eingehalten werden müssten. „Ich glaube, dass das mehr Streit als Nutzen verursachen würde“, sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). „Was ist nachhaltiger? Historische Bausubstanz, die ein paar Hundert Jahre hält, oder Wälder, die möglichst wenig angefasst sind?“
Klar ist jedenfalls, dass der Tourismus dem Gemeinwohl dienen soll, nicht am kurzfristigen Profit orientiert, und auch nicht zu Lasten der örtlichen Bevölkerung gehen. Dieser letzte Punkt liegt Aiwanger angesichts der Klagen am Alpenrand über Münchner Ausflüglerscharen an schönen Wochenenden besonders am Herzen. „Wir müssen den Tourismus so gestalten, dass er dem Lande insgesamt nutzt“, sagte der Freie Wähler-Chef. „Vom Tourismus müssen auch die Einheimischen maximal profitieren. (...) Er darf nicht die Heimat verzehren, sondern muss die Heimat stärken.“
Die Landtags-Grünen kritisierten die mangelnde Verbindlichkeit: „Die Söder-Regierung muss den Worten aber auch Taten folgen lassen“, sagte der Abgeordnete Christian Zwanziger. „Solange CSU und Freie Wähler beispielsweise lieber Steuergeld für Schneekanonen ausgeben statt in nachhaltige Mobilität zu investieren, sind solche Ankündigungen doch nur heiße Luft.“
Die Corona-Pandemie hat die Tourismusbranche in Bayern sehr hart getroffen. Die Zahl der jährlichen Übernachtungen ging von 100 Millionen pro Jahr auf an die 60 Millionen zurück.
Die Aussichten für dieses Jahr sind ungewiss. Das erste Halbjahr sei gut gelaufen, sagte Barbara Radomski, die Chefin der Bayern Tourismus Marketing. Im Mai sei schon fast das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht worden. Doch angesichts steigender Infektionszahlen sind für den Herbst bislang weniger Buchungen eingetroffen als erhofft. „Die Nachfrage für den Herbst ist noch nicht da, wo wir sie gern hätten“, sagte Radomski.