Am 15. Januar fand im Rahmen der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart die 44. Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Buskomfort (GBK) statt. Auf der Tagesordnung standen neben der Abstimmung über weiterentwickelte Güte- und Prüfbestimmungen für Reisebusse auch Themen wie die Internetplattform „bus1.de“, die freigeschaltet wurde, sowie die Wahl eines Vorstandsmitglieds und zwei Kassenprüfern.

Hermann Meyering, Vorsitzender der GBK, erwartet für die Bustouristik 2019 eher ein schwieriges Jahr,

„auch wenn die touristischen Prognosen von einer ungebrochenen Reiselust ausgehen, wird 2019 für die Bustouristik sicher kein einfaches Jahr“, sagte er bei seiner Begrüßungsrede auf der GBK-Jahreshauptversammlung.

Dafür gebe es viele Gründe, so Meyering: Sei es die ergebnisoffene Diskussion über die Busmaut, die immer noch wie ein Damoklesschwert über der Branche schwebe oder die von der Branche erhoffte Trennung wischen Lkw und Bus, die auf sich warten lasse. Deutliche Worte fand Meyering für Flixbus: Wer im Busgewerbe immer noch glaube, dass der Mittelstand von der Liberalisierung des Fernlinienverkehrs profitieren könne, werde in diesem Jahr mit weiteren ernüchternden Erfahrungen konfrontiert werden, ist Meyering überzeugt. Zwar sei der Fernbusboom kurz nach der Liberalisierung des Fernlinienverkehrs eine große Imagekampagne für die gesamte Busbranche gewesen, aber „heute tut Flixbus alles, um das Image der Branche zu ruinieren“, so Meyering weiter. Daran könne auch eine spektakuläre PR-Aktion mit dem ersten elektrischen Fernbus auf Deutschlands Straßen nichts ändern, merkte er an. Der Fernbusverkehr sei zunehmend mit Unternehmer unterwegs, deren Kalkulation auf osteuropäischen Mindestlöhnen basiere, der in Polen beispielsweise bei 2,85 Euro pro Stunde liege. „In diesem System wird deutschen Unternehmern die ökonomische Grundlage für eine Zusammenarbeit entzogen“, kritisierte er.

„Bustouristik wird mit dem vollen Satz der Mineralöl- und Ökosteuer belastet“

Das gegenwärtige Chaos im Bahn- und Flugverkehr bezeichnete Hermann Meyering als „kostenlose Werbekampagne für den Reisebus“. Mit der Aufgabe, flächendeckende Mobilität zu garantieren, sei die Bahn ganz offensichtlich überfordert, sagte der GBK-Vorsitzende. Auch die Verspätungen im Luftverkehr würden sich künftig um ein vielfaches häufen, stellte Meyering mit Blick auf die Prognosen von Experten fest. 2018 wurden in der ersten Jahreshälfte mehr als 15.000 Flüge von oder nach sowie innerhalb von Deutschland annulliert. Und während im ersten Halbjahr 2017 mehr als 2.000 Flüge um mindestens drei Stunden verspätet waren, hat sich diese Zahl im ersten Halbjahr 2018 fast verdoppelt. „Vor dem Hintergrund dieser Horrorzahlen ist nicht mehr zu begründen, warum die Flugbranche immer noch steuerlich subventioniert wird, während die Bustouristik mit dem vollen Satz der Mineralöl- und Ökosteuer belastet wird“, drückte Meyering seine Verständnislosigkeit für diese eindeutige Diskriminierung im Wettbewerb aus.

Die chaotischen Verhältnisse bei Bahn und Flieger seinen zum Teil von einem Personalmangel verursacht, unter dem auch die Bustouristik leide. Folglich würden Busunternehmer ihr Reiseprogramm reduzieren oder sich ganz aus der Touristik verabschieden. Ein Trend, der sich auch auf die Mitgliederzahlen der GBK und die Zahl der klassifizierten Fahrzeuge negativ ausübe. Dem GBK-Geschäftsführer Martin Becker zufolge hat die GBK derzeit 441 Mitglieder (2017: 453). Diese ließen im vergangenen Jahr 950 Reisebusse klassifizieren (2017: 970, 2016 waren es sogar über 1.000 Reisebusse). Rund zwei Drittel der klassifizierten Fahrzeuge erfüllen laut Becker den Vier-Sterne-Standard. Der Fünf-Sterne-Bus liege bei knapp 32 Prozent.

Überarbeitete Klasiffizierungskriterien für Reisebusse

Auf der Mitgliederversammlung in Stuttgart verabschiedeten die GBK-Mitglieder neue Kriterien für die Klassifizierung von Reisebussen – einstimmig und ohne Diskussion. Mit den Änderungen soll eine Flexibilisierung erreicht werden. Für die weiterentwickelten Güte- und Prüfbestimmungen gilt eine Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2019.

Was genau hat sich geändert? Busse, deren Qualität über dem Standard für drei, vier oder fünf Sterne liegt, können ab sofort mit dem Zusatzprädikat „Superior“ ausgezeichnet werden. Roland Scharl, Leiter Plattform Raised Floor Entwicklung Daimler Buses, der, der als Vorstandsmitglied wiedergewählt wurde, erläuterte auf der GBK-Mitgliederversammlung die Details: Die neuen Prüfbestimmungen setzen sich aus Grundanforderungen und einem Optionskatalog zusammen. Von den Grundanforderungen werden rund 85 Prozent der aktuellen Prüfkriterien abgedeckt.

Die Ausstattungen aus dem Optionskatalog werden mit Punkten bewertet, die in die Gütestufen einfließen. Zu diesen Ausstattungen gehören neben der 2plus1- und 1plus1-Bestuhlung beispielsweise Beinauflagen, eine stufenlos einstellbare Lordosenunterstützung oder luxuriöse Ledersitze. Auch für ein Panoramadach oder einen Bistrobereich mit mindestens zwei Vis-á-vis-Tischen und Küchen mit Sonderausstattungen wie Bierzapfanlage, Espressomaschine oder Heißluftofen gibt es Punkte.

Um beispielsweise den Fünf-Sterne-Standard zu erreichen, muss ein Fahrzeug mindestens vier von insgesamt 30 Zusatzausstattungen aus dem Optionskatalog aufweisen. Erfüllt ein Reisebus mindestens zwölf dieser Optionen, bekommt er zusätzlich das Prädikat „Superior“ verliehen. Die Vierer-Rückbank ist nur noch für Vier-Sterne-Superior und die beiden Fünf-Sterne-Kategorien vorgeschrieben. Ein von der Neigung der Rückenlehne unabhängiger Fahrgasttisch wird ausschließlich für die Kategorie Fünf-Sterne-Superior gefordert.

Mit diesem flexiblen System der Klassifizierung wolle man der fortschreitenden Individualisierung in der Branche gerecht werden und auch den hohen Komfort von Bussen mit Sonderausstattung abbilden. Dabei entscheiden die messbaren Kriterien für die Beinfreiheit auch zukünftig für den Komfort von Reisebussen.