Nach VDV-Berechnungen seien monatlich über 100 Millionen solcher Masken nötig, sollte die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske nach bayrischer Regelung bundesweit umgesetzt werden. „Diese stünden dann in anderen Bereichen wo sie dringend benötigt werden – wie etwa Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen – nicht mehr zur Verfügung. Wir sehen die Priorität einer solchen Maskenpflicht im ÖPNV zudem nicht, denn diverse nationale und internationale wissenschaftliche Untersuchungen haben ja gezeigt, dass im ÖPNV weder für Fahrgäste noch für Mitarbeitende ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht“, macht VDV-Präsident Ingo Wortmann deutlich.
Auch NWO-Geschäftsführer Christian Gladasch sieht keine Notwendigkeit, das Tragen einer FFP2-Maske im ÖPNV anzuordnen. Durch den Lockdown mit Kontaktbeschränkungen, Schul- und Kitaschließungen sowie das Arbeiten im Homeoffice seien die Fahrgastzahlen im ÖPNV weiter gesunken. „Die Menschen sind in ihrer Mobilität aktuell bereits stark eingeschränkt“, so Gladasch. Sollte es in Nordrhein-Westfalen auch zu einer FFP2-Maskenpflicht kommen, dürfe dem Fahrpersonal keine Kontroll- oder Prüfpflicht und auch keine Haftung für Verstöße auferlegt werden. Da die maximale Tragedauer von FFP2-Masken begrenzt sei und danach eine Erholungspause erfolgen müsse, sollten außerdem die Fahrer von einer möglichen FFP2-Maskenpflicht ausgenommen werden. „Die Pausenzeiten der Busfahrer würden dann erheblich in Häufigkeit und Länge zunehmen“, gibt Gladasch zu bedenken. So könne der Fahrbetrieb nicht im heutigen Umfang aufrechterhalten werden.
VDV: ÖPNV nicht vollends stilllegen
Nach Ansicht des VDV müsse oberstes Ziel aller Bestrebungen sein, die Fahrtanlässe für die Menschen zu minimieren und dadurch die Mobilität für jeden einzelnen auf das absolut nötige Mindestmaß zu reduzieren. „Deshalb sind die Ausweitung von Homeoffice und die Verhinderung von Freizeitfahrten aus unserer Sicht die wirkungsvollsten Maßnahmen um Mobilität insgesamt weiter einzuschränken“, erklärt VDV-Präsident Ingo Wortmann. Um die Ausbreitung der Aerosole in den Fahrzeugen zu verringern, empfiehlt der VDV, das Gespräch miteinander oder per Mobiltelefon während der Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln zu unterlassen. Im spanischen ÖPNV gilt eine entsprechende Regelung bereits. „Die seit März geltende Maskenpflicht im Nahverkehr trägt maßgeblich zum Infektionsschutz bei, weil sich Aerosole dadurch wesentlich geringer verbreiten können. Zudem lüften wir die Fahrzeuge durch weitestgehend automatische Türöffnungen an jeder Haltestelle umfassend, so dass z. B. in einem Linienbus etwa alle zwei Minuten ein kompletter Luftaustausch stattfindet. Die Vermeidung von Gesprächen miteinander und per Telefon wäre eine weitere Möglichkeit, um die Aerosolausbreitung zu verringern“, so Wortmann.
Gleichzeitig appelliert der VDV an die Bundesregierung und an die Länder, bei weiteren notwendigen Verschärfungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie den ÖPNV nicht vollends stillzulegen. „Es gibt zahlreiche Menschen in systemrelevanten Berufen, die auch im Lockdown täglich zur Arbeit müssen und für die Homeoffice keine Option ist. Zudem organisieren die Verkehrsunternehmen bereits in einigen Städten zusätzliche Busverkehre zu den Impfzentren. Für diese Situationen brauchen wir auch weiterhin einen funktionierenden ÖPNV mit größtmöglichem Angebot, um jedem einzelnen Fahrgast genug Platz und Abstand zu garantieren“, betont der VDV-Präsident.